Soziale Medien

Der Sturm auf das Capitol

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Sind die sozialen Medien eine Gefahr für unsere Demokratie?

2020 war nicht nur das Jahr, in dem sich das Coronavirus rasend schnell über die ganze Welt verbreitet hat. Es war auch das Jahr, in dem Fake-News und Verschwörungsmythen gesellschaftsfähig wurden und sich mindestens genauso schnell verbreitet haben. Daran sind nicht zuletzt auch die sozialen Medien mitschuldig.

Der Grundstein, der letztendlich vor zwei Tagen zum Sturm auf das Capitol in Washington geführt hat, wurde allerdings schon mit der Wahl von Donald Trump zum 45. Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika gelegt, oder besser gesagt mit dem Beginn seines Wahlkampfes Ende 2015.

Kein anderer Machthaber dieser Welt hat die Mechaniken der sozialen Medien so gut verstanden und für seine eigenen Zwecke ausgenutzt, wie Donald Trump.

Wenn man sich die sozialen Medien einmal genauer ansieht, dann wird einem schnell bewusst, dass das Einzige was hier zählt, die Reichweite ist, die ein Beitrag erzielt. Facebook, Twitter, Youtube & Co. ist es doch völlig egal, ob Katzenvideos, Verschwörungsmythen, oder Fake-News verbreitet werden. Je höher die Resonanz auf einen Beitrag, je mehr Kommentare bei einer Diskussion, desto höher ist die Reichweite und die damit verbundenen Einnahmen durch Werbeanzeigen, die die Plattformbetreiber einkassieren. Da sind lange Diskussion unter den Beiträgen doch ein willkommenes Fressen für diese Firmen. Es spielt nicht mal eine Rolle, ob ein Kommentar sich für oder gegen das jeweilige Thema eines Beitrages ausspricht. Jegliche Diskussion unter Beiträgen in sozialen Medien sorgt dafür, dass eben dieser Beitrag von mehr und mehr Menschen gesehen wird. Bei einseitiger Betrachtung eines Themas werden einem durch die Algorithmen von sozialen Medien und Suchmaschinen auch immer mehr Beiträge dieser Sichtweise vorgeschlagen und man findet immer mehr Gleichgesinnte, mit denen man über dieses Thema sprechen kann. Auf diese Weise gelangt man schnell in eine Blase, die eine Betrachtung aus verschiedenen Blickwinkeln extrem erschwert. Eine Spirale, die also unabhängig vom Wahrheitsgehalt, Beiträge nach oben spült, das gilt für Katzenvideos, genauso wie für Fake-News.

Die Betreiber von sozialen Medien lassen das unter dem Deckmantel des Rechts auf freie Meinungsäußerung geschehen und entziehen sich größtenteils ihrer sozialen Verantwortung. Ich stelle mir allerdings die Frage, inwieweit man noch von freien Meinungen sprechen kann, wenn wir täglich durch oben genannte Algorithmen und Blasen manipuliert, oder zumindest beeinflusst werden.

Dieses System hat Donald Trump sich zu Nutze gemacht. Der Wahrheitsgehalt seiner Beiträge auf Twitter ist egal, Hauptsache die Aufmerksamkeit seiner Befürworter, aber auch seiner Gegner ist ihm gewiss. Und der Plan geht auf – über keinen anderen Präsidentschaftskandidaten, über keinen anderen Präsidenten wurde so häufig in renommierten, als auch in soziale Medien diskutiert. Die Zeitung „The Washington Post“ hat auf ihrer Internetseite sogar einen Zähler eingerichtet, der die falschen oder irreführenden Behauptungen Trump´s seit seiner Amtseinführung zählt. Zum jetzigen Zeitpunkt steht dieser Zähler bei 29.508 (*Q1). Dennoch ist es ihm gelungen zum Präsidenten gewählt zu werden und auch bei den Präsidentschaftswahlen im letzten Jahr wieder viele Stimmen zu bekommen. In seinen Augen ist die einzig logische Erklärung für seine Wahlniederlage, ein Wahlbetrug im großen Stil. Das sehen auch seine Anhänger so und haben sich letztendlich für den Sturm auf das Capitol von Trump radikalisieren lassen.

Aber nicht nur in den USA, sondern auch hierzulande war das Jahr 2020 das Jahr von Verschwörungsmythen und Fake-News. Corona-Leugner, Impfgegner, Reichsbürger und qAnon-Anhänger sind wie Pilze aus dem Boden geschossen.

Ich persönliche sehe die Entwicklung in letzter Zeit als große Gefahr für die Demokratie und unsere Solidargemeinschaft. Der Einfluss von sozialen Medien auf unsere Meinungsbildung sollte reduziert werden und wir alle sollten uns mehr Gedanken über den Umgang mit unseren Daten machen.

„Fakten-Checker-Seiten“ wie Mimikama (*Q2) und Volksverpetzer (*Q3) leisten z.B. eine großartige Arbeit beim Identifizieren von Fake-News, können aber die Flut an täglich zur Überprüfung eingereichten Beiträge nicht mehr Herr werden. Solche Internetseiten sollten mehr gefördert und beachtet werden.

Wir Piraten fordern darüber hinaus eine möglichst frühe Sensibilisierung für den Umgang mit sozialen Medien und persönlichen Daten, am besten schon im Kindesalter in der Schule. Das ließe sich im Einklang mit unserer Forderung nach einem Ausbau der digitalen Bildungs-Infrastruktur, der Weiterentwicklung von digitalen Bildungskonzepten und der Förderung von Kompetenz im Bereich Home-Schooling gut umsetzen. Die Kinder sollten bestmöglich auf die Möglichkeiten und Herausforderungen des Lebens im digitalen Zeitalter vorbereitet werden.

*Q1: https://www.washingtonpost.com/graphics/politics/trump-claims-database/

*Q2: https://www.mimikama.at

*Q3: https://www.volksverpetzer.de